Angie auf Gozo

Wenn einer eine Reise tut…

 

…dann kann er was erzählen. Und wenn einer ein halbes Jahr im Ausland arbeitet erst recht.

Eine unserer Tauchlehrerinnen, Angie Schulte, ist im letzten Jahr für rund sechs Monate nach Gozo gegangen um als Tauchlehrerin auf einer Basis zu arbeiten. Da haben wir doch mal nachgefragt, wie das war:

 

Du hast deinen Job in Deutschland gekündigt und bis für ein halbes Jahr als Tauchlehrerin nach Gozo gegangen. Respekt für so viel Mut. Wie bist du darauf gekommen?

Ich war schon öfter auf Gozo im Urlaub und diese Insel ist einfach fantastisch. Schroffe Küsten, nicht zu groß, klares Wasser mit guten Sichtweiten. Man kann es kaum beschreiben, man fühlt sich auf der Insel direkt wohl. Beim zweiten Besuch war es schon wie nach Hause kommen. Zum Tauchen ist für jeden etwas dabei, egal ob Anfänger oder Teckie ……flache Tauchgänge, tiefe Tauchgänge, Höhlen etc. Ich warte noch auf meinen ersten Tauchgang mit einem Mola mola (Mondfisch) !!!!

 

Was ist der größte Unterschied zwischen den Basen in Deutschland und auf Gozo?

Schwer zu sagen, da ich hier nie kommerziell für eine Tauchbasis gearbeitet habe. Ich kannte selbst nur das Tauchen im Verein, schließlich habe ich auch hier im DUC tauchen gelernt.

In Deutschland scheinen viele Taucher in Vereinen organisiert. Diese Taucher gehen mehr oder weniger regelmäßig in kalte, dunkle Gewässer und sind meines Erachtens eher sichere Taucher mit eigenem Equipment. An der Basis im Ausland hat man unglaublich viele Urlaubstaucher. Sie sind angewiesen auf Leihequipment und ihnen fehlt die Sicherheit und Erfahrung des regelmäßigen Trainings. Wenn man nur einmal im Jahr oder nur alle paar Jahre ins Wasser geht, fängt man mehr oder weniger von vorne an. Da sieht man häufig schon beim Zusammenbau des Equipments die Unsicherheit. Verkehrt montierte Jackets usw… Das setzt sich unter Wasser fort, somit hat man als Guide eine hohe Verantwortung. Maske ausblasen, Atemregler wiedererlangen, Tarierübungen sind dann ein Muss beim Ersttauchgang mit Gästen. Es macht Spaß diese Übungen im Flachwasser einzubauen und die Gäste fühlen sich sicherer und besser, wenn alles gut klappt. Und wenn nicht werden die Skills in einem Refresher eins zu eins mit einem Instructor wiederholt.

Es waren aber auch Gruppen/Vereine da, die alleine tauchen gingen.

Am liebsten waren mir die Ganztages-Bootstouren.

 

Was ist dein persönlicher Benefit?

Die Arbeit auf einer kommerziellen Tauchbasis fördert definitiv das Selbstvertrauen.

Tauchen im Meer und die Einschätzung von möglichen Gefahren fallen mir jetzt leichter. Strömung, Wellen, Wetterumschwünge, die den Ausstieg nach einem Tauchgang zu einem Himmelfahrtskommando werden lassen gibt es im ruhigen deutschen See einfach nicht. In der Ausbildung konnte ich viel von meinen Kollegen lernen und auch das Handling bei Problemen unter Wasser war nicht nur eine Übung sondern kam regelmäßig vor. Flosse verloren, Probleme mit der Maske (witziger weise hatten sie keine Probleme mehr, wenn sie mit meiner Ersatzmaske unterwegs waren… 😉  Angst, Tarierprobleme… Einmal hatte ich einen Gast, der dachte, er sei ein Torpedo. Ich konnte ihn nur stoppen, indem ich den ganzen Tauchgang rückwärts vor der Gruppe, insbesondere vor ihm, hergetaucht bin. Man macht oft Dinge, die man vorher noch nie gemacht hat wie selbstverständlich. 🙂 Unbekannter Tauchplatz? Neues Auto? Linksverkehr? Einen Truck ohne Park-Distance-Control in die letzte enge Parklücke am Tauchplatz fahren? Alles kein Problem. Nach kurzer Zeit habe ich bei neuen Herausforderungen nicht mehr darüber nachgedacht, ob ich das kann, sondern wie kriege ich das hin.  Ein Highlight waren zwei Gruppen französischer Jugendlicher, die bei uns ihren OWD gemacht haben. So schwierig die Kommunikation über Wasser manchmal war, so einfach ist es unter Wasser:
Monkey see, monkey do!

Ich konnte Erfahrungen im Umgang mit vielen unterschiedlichen Tauchern und deren Persönlichkeit sammeln. Von den direkten Kollegen konnte ich mir so einiges abschauen.

An den verschiedenen Tauchbasen im Ort sind viele Nationalitäten vertreten, so dass man sich „nur“ auf englisch verständigen kann. Mein Englisch hat sich also automatisch verbessert.

 

Würdest du das nochmal machen?

Definitiv ja: Es ist zwar viel zu viel Arbeit für zu wenig Geld. Man arbeitet 10-12 Stunden pro Tag, es sei denn man hat noch einen Nachttauchgang zu leiten. Dann wird ´s mehr und das 6 Tage die Woche.

Es ist aber auch ein anderes Leben dort. Man arbeitet dort, wo andere Urlaub machen. Fast jeden Tag Sonne, jeden Tag Meer und tauchen.

Direkt nach der Arbeit trifft man sich auf gern noch mit den Kollegen, auch denen der anderen Tauchbasen, auf ein Dekobier, bevor es nach Hause unter die Dusche geht. Zum Glück ist die Insel Gozo und das Städtchen Marsalforn nicht besonders groß und die Wege sind kurz.

Im Sommer ist immer viel los. Die Bevölkerung in Malta ist sehr katholisch. Jedes Wochenende feiert ein anderes Dorf seinen Heiligen – eine Mischung aus Schützenfest und Weihnachtsmarkt.

Das Dorf wird mit Fahnen und Heiligenfiguren und Lichterketten geschmückt. Es gibt Prozessionen, Bands spielen und ständig gibt es Feuerwerk, bis in den Herbst hinein.

 

Vielen Dank für den ausführlichen Bericht!